Interview mit Roland Lohri, Lehrgangsleiter Bau-Polier/in FA und HF Bauführung, Baukaderschule St. Gallen
Herr Lohri, die Baukaderschule St. Gallen bietet seit 2020 diverse Kurse zum Thema BIM an. Die Nachfrage danach ist gewaltig, obwohl BIM nicht erst seit 2020 neu ist. Wie erklären Sie sich den Boom?
Wir wussten bereits vor der Lancierung, dass ein grosses Interesse an der Thematik vorhanden ist. Anfangs 2020 lancierten wir unsere «Frühstücksgespräche». Dabei zeigten Fachleute auf, welchen Stand BIM heute hat und wie die Entwicklung in den nächsten Jahren aussehen könnte. Bauen wird immer komplexer. Immer mehr Leute erkennen die Chancen, die sich durch BIM ergeben. Mit der Digitalisierung wird sich die Bauwelt nachhaltig verändern in Richtung Standardisierung und Automatisierung. Arbeitsabläufe können so von der Planung bis zur Ausführung optimiert werden. In der gesamten Bauwelt wurde dies erkannt, niemand will den Zug verpassen. Auch Bauherren haben erkannt, welchen Nutzen sie von BIM haben können.
Sind BIM-Kenntnisse heute notwendig, um auf dem Bau künftig Karriere zu machen?
Sie sind sicher von Vorteil. Die digitale Transformation wird die Baubranche noch weiter verändern. Der Computer hält immer mehr Einzug. Auf jeden Fall sind IT-Kenntnisse nötig, damit man flexibel auf neue Technologien reagieren kann. Immer mehr Bauunternehmungen erwarten von ihren Mitarbeitenden, dass sie neue Technologien anwenden können. Nur so sind Optimierungen in Qualität und wirtschaftlichem Erfolg möglich.
Aber BIM-Kurse sind doch eher etwas für Planer, nicht?
Manche ja: Unser Kurs «BIM-Manager» richtet sich durchaus mehr an die Planer/innen. Für uns ist aber auch wichtig, dass wir entsprechend unseren Ausbildungsgängen, die von Planung bis Ausführung und Facility Management reichen, für alle Anspruchsgruppen ein entsprechend angepasstes Kursangebot machen können. Deshalb gibt es auch drei verschiedene Kurse: «BIM Grundlagen», «BIM Einführung im Bauunternehmen» und «BIM-Manager».
Wofür benötigt ein Baupolier oder Bauführer BIM-Kenntnisse?
Auch die Baustelle wird digital. Immer öfter wird auf Pläne verzichtet, in der Hand des Baupoliers liegt ein Tablet. Er holt sich die notwendigen Pläne, macht direkte Anmerkungen in der entsprechenden Kommunikationssoftware, und zeichnet den Baufortschritt direkt auf.
Was kann ein Polier im BIM-Kurs lernen? Was ein Bauführer?
Basiswissen vermitteln wir in unserem Kurs «BIM-Grundlagen». Hier lernen Teilnehmende aus allen Berufsfeldern die wichtigsten Begriffe und Vorgehensweisen des BIM. Mit diesem Einblick wird für Poliere und Bauführer die Arbeit mit BIM weniger abstrakt. BIM wird fassbar! Wichtig ist auch, dass die Teilnehmenden die vielen Begriffe, die neu genutzt werden, kennenlernen. Nur so ist eine gute Zusammenarbeit auf allen Ebenen, von der Planung, über die Produktion bis zur Gebäudebewirtschaftung, möglich.
Wird sich auch die Arbeitswelt von Polieren und Bauführern in Richtung BIM verändern?
Ganz sicher ja. Die Kommunikationswege werden sich deutlich verändern: Sie sind schneller und direkter. Änderungen in der Planung können so unmittelbar bei der Ausführung einfliessen. Durch die Arbeit mit dem digitalen Zwilling haben in Zukunft Planer und Ausführende den gleichen Wissensstand.
Wie reagieren Sie als Kursanbieter auf diese Veränderungen?
Die digitale Transformation beschäftigt uns bereits seit einigen Jahren. So arbeiten wir seit 2017 mit Office 365. Wir schulen die angehenden Bauführer/innen papierlos. Die Förderung der IT-Kompetenzen ist für uns ein zentrales Thema. So erhalten die Teilnehmenden im Fach «Bauen digital» unter anderem Basiswissen in Softwarenutzung, über den Aufbau von Datenbanken und über die digitale Vermessung. Die Coronasituation führte dazu, dass wir in einem deutlich schnelleren Zeitplan als ursprünglich gedacht, den ganzen Unterricht digital transformieren konnten, auch auf Stufe Bauvorarbeiter/Baupolier.
Konkret zu den Kursen: Welchen ihrer Kurse würden Sie einem Polier/Bauführer empfehlen, um erste Schritte mit BIM zu machen?
Unseren Kurs «BIM-Grundlagen», welcher zur Zertifizierung «Individual Qualification ‹Building Smart›» führt, erachten wir als besonders wichtig. Deshalb haben wir diesen auch in unseren Ausbildungslehrgang HF Bauführung integriert. In weiteren Lehrgängen werden wir dies ab 2021 ebenfalls tun.
Wie sieht es aus mit praktischem Nutzen? – Ist nicht jedes BIM abhängig von der genutzten Software und deshalb wieder ganz anders?
BIM Grundlagen führen zum Basiswissen, damit dann eben die Arbeit mit verschiedener Software möglich ist. In diesem Kurs wird auch die Bedeutung von Open BIM ersichtlich. Für uns als Bildungsanbieter ist es wichtig, dass wir nicht auf einzelne Software setzen, sondern Grundlagen vermitteln. Der Nutzen liegt also vor allem darin, dass die Kursbesucher die Grundlagen von BIM verstehen und auch ein Interesse an der digitalisierten Arbeitsweise geweckt wird.
Vielen herzlichen Dank für die ausführlichen Erläuterungen.
Nächste BIM Kurse an der Baukaderschule St. Gallen:
BIM Grundlagen – Individual Qualification «Building Smart»
BIM-Einführung im Bauunternehmen am 21.10.2020
BIM Manager ab 28.10.2020
Frühstücksgespräche zu BIM-Themen ab Februar 2021
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