Neben dem Hauptgebäude des Bahnhofs Zofingen wird eine unterirdische Velostation erstellt und das Parkhaus erweitert. Dafür muss auf eine Tiefe von bis zu acht Metern gegraben werden. Die Baustelle ist eingequetscht zwischen Strasse, Gehweg und Bahnhofgebäude, der Aushub ist anspruchsvoll: Ein Fall für die Tiefbau-Spezialisten.
Text und Bilder: Anita Bucher
„Wir erstellen hier eine Rühlwand, als Baugrubensicherung damit die Strasse und der Gehweg nicht abrutschen können“, erzählt mir Thomas Eichenberger, Baustellenchef der Steiner AG Spezialtiefbau bei meinem Besuch vor Ort. „Gleiches gilt für das Bahnhof-Hauptgebäude. Die Baugrube beginnt nur wenige Zentimeter neben dem SBB Gebäude“, erklärt er die schwierige Ausgangslange für die Bauarbeiten. Wo andere ans Limit kommen, beginnt für die Spezialtiefbauer der Alltag.
Bohren auf elf Meter Tiefe
Bis zu sechs Bauleute von der Steiner AG Spezialtiefbau sind dafür vor Ort. Sie arbeiten in Teams welche mit den Rühlwandbohrungen und den Ausfachunsgarbeiten beschäftigt sind. Jeder weiss genau, was zu tun ist. Baustellenchef Eichenberger erklärt das Vorgehen für die Erstellung der Rühlwand: „Unser Maschinist bohrt mit dem Drehbohrgerät fortlaufend 2-3 Meter lange Rohre mit einem Durchmesser von 600mm-700mm in den Boden. Sobald die Verrohrung fast komplett im Boden steckt, wird am Drehbohrgerät das Bohrwerkzeug montiert, mit dem das Material aus dem Rohr herausgeputzt werden kann. Es ist eine Art „Schnecke“, welche das Material „nach oben befördert“ und neben dem Rohr wieder herausfallen lässt. Ist die Verrohrung vollständig herausgeputzt, befestigt der Mitarbeiter am Bohrgerät das nächste Rohr an, welches an das bereits im Boden steckende angeschraubt wird. Und weiter geht die Reise ins Erdreich. Wenn auch dieses Rohr bis an den Rand im Untergrund steckt, geht es erneut daran das inwendig liegende Material herauszuputzen. So arbeiten sich Maschinist und Bauarbeiter langsam auf die 11 Meter hinunter.“
H-Träger versetzen im Zwei-Meter-Abstand
Ist die Endtiefe erreicht, versetzt die Bohrmaschine mit ihrem Bohrturm einen 11-Meter langen Eisenträger in das entstandene Bohrloch. Direkt danach wird bis auf eine Höhe von 4 bis ungefähr 5 Metern Beton eingebracht, um die nötige Stabilität zu erreichen. Der Rest des Trägerlochs wird später mit Magerbeton oder Kies hinterfüllt. Nebenan, im Zwei-Meter-Abstand beginnen nun Menschen und Maschine bereits den nächsten Pfahl.
Ich bin fasziniert. Das Vorgehen ist genaustens durchdacht und hocheffizient. Keine einzige unnötige Bewegung ist zu erkennen. Gleichzeitig sind Maschinist und Bauarbeiter hochkonzentriert bei der Sache. „Ungefähr 6 Bohrungen schaffen wir so, pro Tag“, erzählt Eichenberger. Heute muss er die neuen Punkte der Trägerstandorte abstecken, damit das Team die nächsten Tage weiterarbeiten kann.
Gemeinsam in die Tiefe
Insgesamt 62 je 11 Meter tiefe Bohrungen mit H-Trägern werden so erstellt. Zusammen mit Betonausfachungen zwischen den Rühlwandträgern entsteht so der Baugrubenabschluss. Die Platzverhältnisse sind eng auf der Baustelle. Gleich hinter dem Bohrgerät steht ein Bagger. Parallel zu den Spezialtiefbauarbeiten muss auch der Aushub voran gehen, den die Anliker AG als Gesamtanbieter selbst macht. Dieser hängt jedoch sicherheitstechnisch von den Spezialtiefbauarbeiten ab. Während der Anliker-Maschinist mit seinem Bagger Lastwagen für Lastwagen füllt, sind am hinteren Rand der entstehenden Baugrube weitere Steiner-Mitarbeiter zu erkennen. Auf dieser Seite der rund 40 Meter langen Baugrube sind die H-Träger bereits alle versetzt und das Erdreich ist schon auf ungefähr 3 Meter Tiefe abgetragen. Die beiden Arbeiter sind für die Betonausfachungen zuständig
Diese werden fortlaufend Meter für Meter alternierend auf der ganzen Breite erstellt, anschliessend kann der nächste Meter abgegraben werden. Abwechslungsweise sind also die Spezialtiefbauer und die Erdbauer am Zug. Jede Firma arbeitet autonom und ist doch abhängig von der anderen. Gemeinsam arbeitet man sich Stück für Stück in die Tiefe.
Eckverspriessungen und Longarine
Während die beiden Arbeiter Spritzbeton applizieren und die Festigkeit der versetzten Bewehrungsnetze prüfen, erklärt mir Eichenberger, was es mit den beiden Eckverspriessungen auf sich hat. „Der angrenzende Gebäudeanbau ist nicht unterkellert. Deshalb hat der Bauingenieur hier diese Eckspriesse als zusätzliche Sicherheit angeordnet. Später, wenn die Erdarbeiten tiefer unten sind, werden an jeder Ecke nochmals zwei weitere verschweisste Querstreben dazukommen, die wiederum auf einen weiteren ausbetonierten H-Träger-Pfahl abgestützt werden.“
Sobald die Tiefe von 3 Metern erreicht ist wird zudem zusätzlich eine Longarine zum Einsatz kommen. Dazu werden weitere H-Träger am unteren Rand der Baugrube horizontal verlegt und zu einem stabilen Rahmen zusammengeschweisst, der wiederum an den vertikal versetzten Trägern befestigt wird und als Queraussteifung dient. Erst dann wird man weiter in die Tiefe arbeiten könnten. Später kommen Querspriesse zum Einsatz, um die horizontalen Kräfte der Longarine in die Baugrubensohle abzugeben.
Bauen zwischen Spriessen und Querstreben
Wenn am Bahnhof Zofingen die Hochbauarbeiten beginnen, werden die Spezialtiefbauer längst weitergezogen sein. Die Spriessen und Querstreben werden bei den Anliker-Arbeitern aber noch eine Weile für erheblichen Mehraufwand sorgen. So werden das Bauunternehmen und der Hochbauingenieur die notwendigen Aussparungen planen und die Baubläufe genau koordinieren müssen, bis die Abstützungen zum gegebenen Zeitpunkt wieder entfernt werden können. So geht das!
Mehr Informationen:
https://www.zofingen.ch/services/aktuelle-projekte/neugestaltung-bahnhofplatz.html/638