17. Dezember 2021

Rhytech-Quartier Neuhausen: Anspruchsvolle Baustellenlogistik

Auf dem ehemaligen Gelände der Alusuisse ist die Landolt AG als Baumeister für den Bau von zwei eleganten Wohn- und Gewerbetürmen, einer grossformatigen doppelstöckigen Tiefgarage und einem V-förmigen Wohngebäude mit Familienwohnungen verantwortlich. Den Überblick über alle aktuellen Baustellen hat Marc Gutknecht, Polier Administration. Auf Baustellenrundgang zwischen Betonlieferungen und Rundhölzern.


Text: Anita Bucher

Der November-Nebel hängt tief und taucht alles in ein trübes Grau. Ein Betonmischer biegt in die Baustelle ein und wird bis nach hinten durchgewunken. „Auf den beiden Türmen wird heute nicht betoniert“, erklärt mir Marc. Hinten beim V-Gebäude, namentlich RhyGarten, aber schon. Die Bodenplatte ist dran. Der Kranführer schenkt den Betonkübel langsam zu der benötigten Stelle. Sehen kann er wegen des dichten Nebels kaum den Boden. Somit bleibt ihm nur die Möglichkeit auf die Funkanweisungen seiner Einweiser zu vertrauen. Zum Glück sind Bauarbeiter und Kranführer bereits ein eingespieltes Team. Der Beton erreicht ohne Zwischenfälle die Endposition und bereits kurz darauf wird der nächste Kübel verbaut.

RhyfallTowers werden 17 und 24 Stockwerke hoch
Auf den beiden Türmen, genannt RhyfallTower, ist man bereits im 4. bzw. 6. Stockwerk. Wäre es nicht so neblig, hätte man von ihnen aus eine beeindruckende Sicht auf die nahen Rheinfälle. Mit 29 Metern Länge und 22 Meter Breite und 59.5 m Höhe (Turm 1), sowie 22 Metern Länge und 28 Metern Breite und 77.5 m Höhe (Turm 2) weisen die beiden Bauten eine beachtliche Grösse auf. Für jeden der zwei Türme, wie auch für das V-Gebäude ist ein anderer Polier mit seinem Team zuständig. Marc Gutknecht ist als Polier Administration zu 95% im Büro tätig. Nach einem schweren Unfall im Jahr 2018 kann er nur noch bedingt körperlich arbeiten und entlastet deshalb seine Kollegen bei der Büroarbeit. Durch diese Lösung kann er trotzdem weiterhin als Polier arbeiten, macht hin und wieder einen Sicherheitsrundgang und hilft Probleme auf der Baustelle zu lösen.  

Anspruchsvolle Logistik
Als Polier Administration ist Marc Gutknecht zudem Ansprechpartner für die Bauleitung, zuständig für Personaleinteilung und Arbeitsrapporte und natürlich auch für die Logistik. Da gibt es viele Anlieferungen und grosse Mengen zu koordinieren, die meistens Just-in-Time verbaut werden müssen. Um Wartezeiten zu vermeiden, wurde gleich zu Beginn etwas abseits der Baustelle ein zusätzlicher kleiner Entlastungskran zum Schnellabladen aufgestellt. Hier werden auch kleine Betonelemente wie kleine Wandscheiben, die es pro Geschoss nur einmal braucht, vorfabriziert.

Die Lastwagenanlieferung ist derzeit noch eine Einbahnstrasse. Das soll sich aber in Kürze ändern. In der Tiefgarage ist lautes Gepolter zu vernehmen. „Rundholzablad und Einbau“, erklärt Marc. „Damit stützen wir die Decke der Tiefgarage, damit wir sie mit den Lastwagen befahren können.“

Koordination von 400 Fertignasszellen
Nebst Beton, Eisen und anderem Material muss Polier Marc Gutknecht auch die Anlieferung und Versetzung von knapp 400 Fertignasszellen koordinieren. „Wir betonieren die Decken, versetzen die Stützen herum und machen uns an die erdbebensicheren Wände. Dann kommen die Fertignasszellen“, erklärt er. Pro Stockwerk sind es 10, wobei die Landolt Leute nur für das Hereinheben zuständig sind. Die richtige Positionierung, der Einbau und die Ausrichtung liegt beim Sanitär. Dennoch entsteht Mehraufwand für die Bauleute, beispielsweise beim Decken schalen, wo Lücken für die Fertignasszellen leer gehalten und später geschlossen werden müssen. Über den Fertignasszellen kann zudem aus Platzgründen gar nicht geschalt werden. Deshalb werden hier sogenannte „Elsässer Plättli“ versetzt, die rundherum ungefähr 5cm breit auf der Schalung aufliegen und direkt miteinbetoniert werden.

Innovatives Schalungssystem
Dass die Erstellung der 17, bzw. 24 Regelgeschosse im 9-, bzw. 10-Tagesrhytmus (pro Geschoss) so reibungslos funktioniert ist unter anderem auch dem Schalungssystem von Peri Skydeck zu verdanken, mit dem viel Zeit gespart werden kann. „Im Sommer kann man nach 2 Tagen bereits ausschalen, wobei die Spriesse stehen bleiben. Die ganze Schalhaut können wir dann direkt im nächsten Stockwerk wiederverwenden“, erklärt Marc. „Die gelben MRK-Rähmen können zu einem fixen „Gürtel“ zusammenbaut werden. Damit kann der Deckenschaler bereits am Tag zwei nach dem Betonieren der Decke, wenn wir hier noch an den erdbebensicheren Innenwänden dran sind, mit der Erstellung des neuen Gürtels beginnen und später einfach dran heranbauen. So ist man superschnell beim Schalen.“

Arbeitssicherheit hat höchste Priorität
Innovative Produkte verwendet die Landolt AG auch bei der Arbeitssicherheit, zum Beispiel dann, wenn es darum geht das Treppenloch und den Liftschacht zu sichern. Dazu liess man bei der Firma Mägert G&C Bautechnik AG, kurz MBT, eine Art Arbeitsbühne anfertigen, die man Stockwerk für Stockwerk von oben hochziehen und in die vorgängig einbetonierten Hülsen wieder einklicken kann. Damit ist die Absturzgefahr im Treppenloch gebannt und das Team kann die notwendigen Schalungen sicher erstellen. „Ein sehr einfaches und praktisches System“, lobt Marc. Auch die offenen Liftschächte sind auf jedem Stockwerk mit einem stabilen Gitterschutz von MBT gesichert. Arbeitssicherheit hat höchste Priorität. Darum sind auch die drei grossen Baustellenkrane mit hochwertigen LED-Schweinwerfern ausgestattet. „So ist es trotz Dunkelheit bereits morgen um 7 Uhr taghell auf der Baustelle.“

Praktischer alter Energiekanal
Die Stromleitungen zu den Kränen und die restliche Elektroinstallation auf der Baustelle konnten praktischerweise im bestehenden unterirdischen Energiekanal versorgt werden. Dieser stammt vermutlich aus der Zeit der Erbauung der Alusuisse, ist begehbar und läuft um das ganze Areal. Auch die ganzen Heizleitungen zu den verschiedenen Gebäuden wurden hier eingezogen. Später wird die Bauherrschaft den Kanal nutzen, um die neue Energieversorgung des Quartiers via Fernwärme ebenfalls dort unterzubringen.

Bauen direkt neben den Bahngleisen
Die Baustelle befindet sich unmittelbar neben dem Badischen Bahnhof Neuhausen. „Hat das einen Einfluss auf die Bauarbeiten?“ frage ich Marc. „Oh ja“, ist seine Antwort und er beginnt mir die strengen Sicherheitsauflagen aufzuzählen. So mussten etwa die Kräne mit einer Sektorenbegrenzung abgeriegelt werden, damit sie auf keinen Fall über das Bahngleis schwenken können, sondern nur bis zum ebenfalls sicherheitsbedingten Zaun. Zudem benötigen die sie ein spezielles Notfall-Erdungskonzept, falls eine Windböe den Ausleger doch mal wegschlagen und dieser die Hochspannungsleitung berühren würde. Dann wären die Kräne mittels Trennfunkenstrecke auf die Schienen geerdet. Diese Erdungen überprüfen Marc oder einer seiner Kollegen jeden Morgen vor Arbeitsbeginn auf dem Sicherheitsrundgang. Kürzlich haben sie die Kabel zudem auf 3 Meter Höhe hochgehängt. „Es liegt Schnee in der Luft“, sagt Marc. Der Winter hält Einzug.

Rhytech-Quartier

Entwicklerin und Totalunternehmerin: Halter AG         
Baumeisterarbeiten: Landolt AG
Baubeginn: Juni 2021
Benötigte Betonmenge:    30‘000 m3
Benötigte Eisenmenge:      3760 to
 

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